top of page

YANNICK TRACHSEL

  • vor 12 Stunden
  • 5 Min. Lesezeit
DJ: YANNICK TRACHSEL SHORT VIEWS: 012

Yannick Trachsler, bw Porträt


SHORT VIEWS 012
AUTOR: TIMON MÜLLER


Zwischen Waldgeräuschen und Synthesizer – Yannick Trachsel baut Klangwelten, die elektronisch und organisch zugleich sind. Der Berner DJ und Produzent beschreibt seinen Sound als ‘Melorganic’ und versteht sich selbst als Alchemist, der Naturaufnahmen, analoge Instrumente und digitale Tools zu etwas Eigenem verschmilzt.
Im Gespräch mit YES Culture erzählt er von seinen Anfängen, seiner Leidenschaft für spontane Live-Momente und davon, wie es sich anfühlt, wenn plötzlich in New York zu seinen Tracks getanzt wird.


Wie kam’s zur Wortschöpfung „Melorganic“?

Ich habe lange versucht, meine Musik in Worte zu fassen und im Wort Melorganic steckt

irgendwie alles drin: „Mellow“ und „melancholisch“, aber auch „organic“ für das Natürliche. Ein bisschen „euphorisch“ ist auch dabei. Melorganic beschreibt ganz gut dieses Spannungsfeld – ruhig und tiefgehend, trotzdem hoffnungsvoll, oft organisch, aber auch mit einem gewissen Drive.

Es ist irgendwie mehr als nur ein Sound, sondern eher ein Gefühl, das die verschiedenen Stimmungen zusammenbringt. Und wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, finde ich, passt das Wort einfach zu dem, wie ich Musik mache und wie sie sich für mich anfühlt.



«Es geht um Kontrast. Das Digitale kann zwar brachial und hart aber auch teilweise etwas

kalt wirken – Natur kann genauso kraftvoll sein, ist aber oft auch warm und beruhigend.»



Welche Musik hörst du, wenn du gerade nichts mit elektronischem
Sound zu tun hast?

Wenn mal kein elektronischer Sound läuft, höre ich oft Jazz – von Herbie Hancock bis

Esbjörn Svensson Trio. Ich mag Musik, die mich Träumen lässt. Je komplizierter, desto

mehr entspannt sich mein Kopf.

Richtig gerne mag ich auch Soul aus den 60ern und 70ern oder Bands, die davon beeinflusst sind. Ein Besipiel: Durand Jones & The Indications – Aaron Frazer am Mic ist einfach eine Wucht, kann ich jedem ans Herz legen.



Portrait, Yannick Trachsler Live
Yannick Trachsel / DJ/Produzent

Wie viel von deinen Livesets ist vorbereitet und wie viel passiert spontan?

Das ist abhängig vom Track. Je nachdem spiele ich mit 8 bis 16 Spuren die entweder aus

Loops bestehen (dann besteht die Performance quasi aus dem live arrangieren) aber

manche Tracks haben einen mehr oder weniger vordefinierten Ablauf, so bleibt mein Kopf frei für Gesang, Synths und Kontakt zum Publikum. Bei anderen ist fast alles direkt improvisiert. Ich mische Frequenzen & Effekte live und kombiniere einzelne Sequenzen von verschiedenen Songs. Das coole ist, dass ich so die Tracks jedes Mal anders interpretieren kann. Break verlängern, bestimmte Parts auslassen, je nachdem wie es gerade passt.

So entsteht manchmal ein ganz neuer Song, den es dann vielleicht so nur genau in dem Moment mal zu hören gibt und danach nie wieder.


Was reizt dich an der Verbindung von elektronischen und
organischen Klängen?

Es geht um Kontrast. Das Digitale kann zwar brachial und hart aber auch teilweise etwas

kalt wirken – Natur kann genauso kraftvoll sein, ist aber oft auch warm und beruhigend.

Genau diese Mischung bringt für mich Wärme rein ohne Punch zu verlieren, macht die

Musik zugänglicher und ein bisschen menschlicher.

Ich finde, Kontrast setzt Dinge in einen Kontext und hebt so meist beide Qualitäten hervor. Wenn man dann noch die richtige Balance hinkriegt… Chef's Kiss :)





Viele deiner Sounds kommen aus der Natur - Was nimmst du auf und wie fliessen diese Elemente in deine Musik ein?

Es ist der Zufall, das Unvorhersehbare und das Nicht-Repetitive. Aber auch die Präzision,

mit der ich oft ganz gezielt an meinen gewünschten Sound komme. Visuelle Gestaltung

liegt mir weniger, dafür habe ich eine starke Affinität fürs Hören und alles, was klingt.

Wenn ich draussen bin, höre ich sehr bewusst hin und nehme einfach das auf, was mir ins

Ohr sticht: Blätter am Baum, Steine im Bach, Tiere… Daraus entstehen oft Rhythmen, die

ich durch Programmieren so nie hinbekommen würde.



«Mich inspiriert Ruhe, nicht Stille.»



Ich produziere gern dynamisch und schnell. Anstatt stundenlang Sounds zu suchen, will ich meine Idee sofort umsetzen. Zum Beispiel, indem ich schnell eine Tür zuschlage oder irgendwas auf den Boden werfe, Mikro dranhalte und fertig.

So komme ich dem Sound im Kopf viel näher und muss im Studio kaum noch nachbearbeiten. Meine eigene Sample-Library ist mit den Jahren richtig stetig

geworden, da greife ich immer wieder drauf zurück.



Yannick Trachsler Live


Man sieht dich oft draussen Musik machen, in welcher Umgebung
fühlst du dich inspiriert?

Mich inspiriert Ruhe, nicht Stille. Ich mag ein konstantes Grundrauschen. Wind, Wald,

Wasser. Nach ein paar Minuten im Wald spürt man, wie man runterfährt, und das setzt

Kreativität frei. Aber Inspiration hängt für mich nicht nur am Ort. Manchmal ist es auch ein Konzertbesuch, eine durchtanzte Nacht oder einfach Begegnungen mit anderen

Menschen.

Halte einfach das Leben. Diese Erlebnisse füllen sozusagen meine kreative

Batterie – und wenn ich dann wieder ins Studio gehe, entsteht Neues.



Wann hat deine musikalische Reise angefangen und was hat dich
damals gepackt?

Richtig los ging es, als ich etwa elf war. Eine ältere Tochter von Freunden meiner Eltern

hat mir damals die frühen Sachen von Oliver Koletzki und Paul Kalkbrenner gezeigt.

Zur selben Zeit hat meine Cousine viel Trance und New Trance gehört, das hat mich sofort gepackt. Ich habe mir dann zu Weihnachten Magix Music Maker gewünscht und damit angefangen, eigene Tracks zu basteln.

Mit fünfzehn hatte ich meine ersten New-Trance-Gigs, zum Beispiel in der KUFA in Lyss. Dort bin ich jeweils mit dem Fahrrad hingefahren. Es kamen verschiedene Phasen – EDM, Tech-House, später Tech-House-Live-Acts usw…





Welchen Alltagsgegenstand würdest du gerne in ein Instrument
verwandeln?

Ich habe mir gerade Kontaktmikrofone bestellt, welche Schwingungen direkt an

Oberflächen oder Gegenständen aufnehmen. Damit kann man feine Vibrationen, Knarzen oder Resonanzen hörbar machen, die sonst gar nicht wahrnehmbar wären.

Das eröffnet nochmal ganz neue Möglichkeiten, um alltägliche Gegenstände wie z.B. einen Baum oder besser gesagt das Knarzen des Stammes klingen zu lassen.

Fast alles kann zum Instrument werden, wenn man zum einen ein gewisses technisches Verständnis hat und zum anderen lange genug rumtüftelt.



Du darfst für einen Gig nur einen USB Stick mit drei Tracks
mitnehmen, was kommt drauf?

Mein Live-Set Gig:

-Bloom feat. Lisha (Kommt am 22. Oktober auf Secret Garden Music

(Label von Animal Trainer’s Samy Jackson)

-ALL I DO -Keep Me Going DJ Gig: -Way

Back - Gorge -Agenda (Bontan Remix)

- Tom De Neef, Lazarusman -Foolish Game (Rene

Amesz Remix) - Funkerman feat. J.W.



Dein Track „All I Do“ wurde kürzlich von Mira Kater gespielt –
Bravo! Wie hat sich das für dich angefühlt, als du das gesehen hast?

Das Video aus Brooklyn zu sehen, war surreal – ich sitze hier im Berner Seeland, laufe

durch die Wälder und drücke mich in meiner Musik aus und plötzlich tanzen Menschen in

New York dazu.

Das ist ein unglaubliches Gefühl. Musik ist am Ende immer Ausdruck von Emotionen – und wenn meine Emotionen wiederum Emotionen bei anderen auslösen, ist das das Schönste überhaupt.



Links zu Yannick Trachsel: Soundcloud Instagram YouTube



DJ? Produzent:in? Autor:in? Fotograf:in? Melde dich mit deinem kreativen Input bei uns.







Kommentare


YES, wir sind LIEB, du so?

Sag yes zu YES Culture und supporte uns via QR-Code (Twint/PayPal), damit wir weiter tun können, was wir tun und du weiter in den Genuss unserer Kreationen und Contents kommst. 
Zusammen kommen wir weiter!

bottom of page